Wie entsteht dauerhaftes Jucken? – Ursachen von chronischem Pruritus Chronischer Juckreiz, auch als chronischer Pruritus bekannt, betrifft mehr Personen, als häufig vermutet wird. Aktuelle Studien zeigen, dass bis zu 17 % der Erwachsenen davon betroffen sind. Die Lebenszeitprävalenz liegt sogar bei etwa 25 %, und in dermatologischen Praxen berichten bis zu 36 % der Patient*innen über Juckreizsymptome. Diese Zahlen verdeutlichen die Tragweite der Erkrankung. Um den chronischen Pruritus therapieren zu können ist es von zentraler Bedeutung erst die Ursache zu finden, dies ist häufig gar nicht trivial, denn die Ursachen sind mannigfaltig und werden oft unterschätzt. Während in der Bevölkerung das Symptom Jucken zunächst mit infektiösen oder parasitären Erkrankungen in Verbindung gebracht wird, liegen im klinischen Alltag meistens andere Auslöser zugrunde. Zu den Hauptursachen zählen:
Dermatologische Erkrankungen: z. B. Neurodermitis oder PsoriasisSystemische und neurologische Ursachen: Leber- und Nierenerkrankungen oder Nervenschädigungen.Psychische Faktoren: Diese spielen seltener eine Rolle, als häufig angenommen wird.Multifaktorielle Zusammenhänge: Oft lösen mehrere Ursachen den Pruitus aus Besonders beim chronischen Pruritus, also ein Pruitus der länger als sechs Wochen anhält, entwickelt sich ein Juck-Kratz-Teufelskreis. Dadurch tritt die ursprüngliche Erkrankung, die das Jucken ausgelöst hat, in den Hintergrund und die Diagnostik wird weiter erschwert. Die Pathophysiologie des JuckreizesDie Entstehung von Jucken ist ein hochkomplexer Prozess, den wir aus diesem Grund hier stark vereinfacht darstellen. Eine zentrale Rolle spielen die Hautnerven, das Rückenmark und das Gehirn. Die feinen Nervenenden in der Haut registrieren Reize und leiten diese über das Rückenmark in den Thalamus weiter, wo die Wahrnehmung des Juckreizes als unangenehm stattfindet. Danach verarbeitet der somatosensorische Kortex die Signale und das Kleinhirn löst zum Abschluss die motorische Reaktion aus – es kommt zum Kratzen. Damit unsere feinen Hautnerven aber erstmal ein Signal wahrnehmen können gibt es zwei Hauptwege der Juckreizentstehung in der Haut:
Histaminerger Weg: Dieser betrifft nur etwa 5 % der Rezeptoren und wird durch Histamin vermittelt, das aus den Mastzellen ausgeschüttet wird.Nicht-histaminerger Weg: Dieser ist besonders bei chronischem Pruritus relevant. Zytokine wie IL-4 oder Il-31 spielen hier eine zentrale Rolle. Moderne Therapien, setzen gezielt an diesem Mechanismus an. Dieser Weg liegt auch im Fokus der Forschung. Ziel ist es mehr Rezeptoren und Zytokine zu identifizieren die durch gezielte Therapien beeinflusst werden können. Der Teufelskreis des KratzensDie Hautnerven werden durch verschiedene Reize erregt. Dieses ist eine physiologische Reaktion und enorm wichtig für unsere alltägliche Wahrnehmung über die Haut als Sinnesorgan. Dauerhaftes Kratzen kann allerdings eine Überaktivität dieser feinen Nerven auslösen. Forscher*innen ist es sogar gelungen diese Hautveränderungen in Hautproben sichtbar zu machen. Aber nicht nur in der Haut, sondern auch im Rückenmark kommt es zu neuroanatomischen Veränderungen, wodurch auch andere Reize als Jucken wahrgenommen werden. Aber damit noch nicht genug, denn unser Gehirn ist ebenfalls von zentraler Bedeutung im Rahmen des Juck-Kratz-Zyklus. Hier werden die Juckreizsignale weiter verstärkt und durch das Kratzen das Belohnungssystem aktiviert. Durch diese Aktivierung wird es sehr schwierig bis unmöglich das Kratzen zu unterlassen, denn das Gehirn belohnt das Kratzen jedes Mal mit „Glückshormonen“. Alle genannten Faktoren und noch viele mehr führen zu einem Teufelskreis, in dem der Drang zu kratzen zunehmend zwanghaft wird.Eine wirksame Behandlung erfordert professionelle Hilfe. Der Austausch mit Fachärzt*innen und anderen Betroffenen bietet wertvolle Unterstützung. Behandlung und TherapieDie Therapie von chronischem Pruritus ist individuell und erfordert Geduld. Ein stufenweises Therapieschema wird angewandt, das von topischen Behandlungen bis hin zu systemischen Ansätzen reicht. Neuere Medikamente, wie Biologika zeigen vielversprechende Ergebnisse.Wichtig ist, Betroffene umfassend über die Erkrankung und die Behandlungsoptionen aufzuklären. Leitlinien, etwa von der AWMF, bieten evidenzbasierte Anleitungen für Ärzt*
innen und Patient*innen und werden regelmäßig aktualisiert. Hier der Link zu den Leitlinien, informieren Sie sich gerne selber!
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/013-048